Insekten der Großstadt Köln – Projektziele

Seit der Veröffentlichung der „Krefelder Studie“ im Oktober 2017 („Rückgang der Gesamtbiomasse der Fluginsekten um durchschnittlich 76% in den letzten 30 Jahren“1HALLMANN, C.A., M. SORG, E. JONGEJANS, H. SIEPEL, N. HOFLAND, H. SCHWAN, . . . H. DE KROON (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLoS ONE 12: e0185809.) ist der dramatische Rückgang der Insekten stark ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Es wurde der Begriff „Insektensterben“ geprägt und eine breite Debatte in Politik und Gesellschaft begonnen. Tatsächlich kann die Bedeutung der Insekten für das Funktionieren unserer Ökosysteme und damit für das Wohl und letztlich sogar für das Überleben der Menschen nicht überschätzt werden. Weltweit könnten in den nächsten Jahrzehnten aber bis zu 40 % der Insektenarten aussterben2SÁNCHEZ-BAYO, F. & K.A.G. WYCKHUYS (2019): Worldwide decline of the entomofauna: A review of its drivers. Biological Conservation 232: 8-27.. Für Deutschland wurden die 2017 veröffentlichten Befunde 2019 nochmals deutlich bestätigt: im Zeitraum von 2008 bis 2017 entstanden im Grünland Verluste von 67 % (Biomasse) und 34 % (Artenvielfalt) und im Wald Verluste von 41 % (Biomasse) und 36 % (Artenvielfalt)3SEIBOLD, S., M.M. GOSSNER, N.K. SIMONS, N. BLÜTHGEN, J. MÜLLER, D. AMBARLI, . . . W.W. WEISSER (2019): Arthropod decline in grasslands and forests is associated with landscape-level drivers. Nature 574: 671-674..

Im Bereich der Großstadt Köln bietet sich die einmalige Gelegenheit, einzigartig umfangreiche und detaillierte Untersuchungen aus den Jahren 1989 bis 1994 („Beiträge zur Insekten- und Spinnenfauna der Großstadt Köln“, siehe auch Biblographie) zu wiederholen und so besonders aussagekräftige Daten auf Artniveau zu erhalten. Die für die Jahre 2019 bis 2021 geplanten Erfassungen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die beiden größten Insektenordnungen: die Hautflügler und Zweiflügler. Mit mehr als 19000 Arten umfassen sie mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Insekten und sie stellen zudem die wichtigsten Bestäuber und Nützlinge, deren vollständiges Verschwinden zum Zusammenbruch unserer Ökosysteme führen würde. Ermöglicht wird eine derart umfangreiche Untersuchung erst durch die seit kurzem verfügbare Methode des DNA-Metabarcodings, mit der große Menge Insekten zeit- und kostensparend bestimmt werden können. Die Erfassung stellt somit zugleich eine Grundlagenerhebung zur Fauna der flugaktiven Insekten insgesamt und die Basis für zukünftige Untersuchungen dar.

Die nachfolgenden Ziele des Projektes „Insekten der Großstadt Köln“ sollen zusammengenommen dem Schutz und der Förderung der Insekten dienen!

HOFFMANN, H.-J. & W. WIPKING (1992): Beiträge zur Insekten- und Spinnenfauna der Großstadt Köln. Decheniana-Beihefte 31: 1-619.

Projektziele

Artenvielfalt der Insekten – darstellen

„Man liebt nur, was man kennt, und man schützt nur, was man liebt.“4Konrad Lorenz Dies gilt ganz besonders für Insekten, die einerseits oft übersehen werden – sie sind meist sehr klein, gut getarnt, nachtaktiv, leben versteckt oder sehen ohne optische Hilfsmittel und Fachkenntnisse alle gleich aus – und andererseits oft ein unbegründet schlechtes Image haben. Die unglaubliche Vielfalt der Insekten aufzulisten und wo immer möglich im Bild darzustellen ist deshalb besonders wichtig.

Artenvielfalt der Insekten – erfassen

Welche Insektenarten kommen auf dem Gebiet der Stadt Köln vor? Die Beantwortung dieser Frage bildet die Basis in Hinsicht auf den Schutz und die Förderung der Insekten. Die aktuellen Untersuchungen konzentrieren sich auf flugaktive Insekten und dabei vor allem auf die Ordnungen Hautflügler (Hymenoptera) und Zweiflügler (Diptera), die mit zusammen ca. 19000 Arten mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Insektenarten umfassen. Um einen möglichst vollständigen Überblick der Kölner Insektenfauna zu gewinnen, werden die Erfassungen durch umfangreiche Literatur-, Datenbank- und Sammlungs-Recherchen ergänzt.

Handlungsempfehlungen

Der extreme Rückgang der Insekten ist die Folge einer globalen Entwicklung, die mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert begonnen hat und sich seit etwa den 1950er Jahren aufgrund der massiven Intensivierung von Land- und Forstwirtschaft – einhergehend mit einem gesteigerten Flächenverbrauch durch Siedlungen und Verkehrsflächen – stark beschleunigt hat. Die wesentlichen Ursachen des Insektensterbens (Lebensraumverlust, Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft, Pestizide, Überdüngung, Lichtverschmutzung, Klimawandel und Verkehr) sind bekannt5SÁNCHEZ-BAYO, F. & K.A.G. WYCKHUYS (2019): Worldwide decline of the entomofauna: A review of its drivers. Biological Conservation 232: 8-27.. Die im Projekt erarbeiteten Handlungsempfehlungen stellen eine konkrete Anleitung dar, wie das Insektensterben gestoppt und rückgängig gemacht werden kann.

Bestandsentwicklungen untersuchen

Im Bereich der Großstadt Köln bietet sich die einmalige Gelegenheit, sehr umfangreiche und detaillierte Untersuchungen aus den Jahren 1989 bis 1994 (und für die als Bestäuber außerordentlich wichtigen Wildbienen auch aus den 1930er bis 1950er Jahren) zu wiederholen und so besonders aussagekräftige Daten auf Artniveau zu erhalten.

Aufgrund des sehr hohen Zeitaufwandes für diesen Teil der Untersuchung – tausende Individuen verschiedenster Insektenfamilien müssen einzeln präpariert und determiniert werden – werden die diesbezüglichen Ergebnisse erst zum Ende des Projektes verfügbar sein.

Bestäuber im Fokus

Die Bestäubung von Blütenpflanzen stellt die wichtigste Ökosystemdienstleistung der Insekten dar. Nimmt die Zahl der Bestäuber ab, ist die Ernährung der Menschen nachhaltig gefährdet. Das vollständige Verschwinden blütenbesuchender Insekten würde gar den vollständigen Zusammenbruch unserer Ökosysteme und damit unserer Lebensgrundlagen bedeuten. In der öffentlichen Wahrnehmung wird das Thema „Bestäubung“ aber oft immer noch mit „Imkerei“ – also der Haltung von Honigbienen – gleichgesetzt. Eine Fehlwahrnehmung, die dringend korrigiert werden muss, denn in Deutschland besuchen ca. 14000 Insektenarten Blüten und fungieren so als Bestäuber. Jede einzelne Art ist wichtig!

  • 1
    HALLMANN, C.A., M. SORG, E. JONGEJANS, H. SIEPEL, N. HOFLAND, H. SCHWAN, . . . H. DE KROON (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLoS ONE 12: e0185809.
  • 2
    SÁNCHEZ-BAYO, F. & K.A.G. WYCKHUYS (2019): Worldwide decline of the entomofauna: A review of its drivers. Biological Conservation 232: 8-27.
  • 3
    SEIBOLD, S., M.M. GOSSNER, N.K. SIMONS, N. BLÜTHGEN, J. MÜLLER, D. AMBARLI, . . . W.W. WEISSER (2019): Arthropod decline in grasslands and forests is associated with landscape-level drivers. Nature 574: 671-674.
  • 4
    Konrad Lorenz
  • 5
    SÁNCHEZ-BAYO, F. & K.A.G. WYCKHUYS (2019): Worldwide decline of the entomofauna: A review of its drivers. Biological Conservation 232: 8-27.